Mittwoch, 2. September 2015

Fariba Vafi: Kellervogel

Vielleicht der lang ersehnte Liebesroman, der nicht bloß Anbahnungsgeschichte ist, nicht bloß Rückblick, sondern Liebesalltag in Gegenwart berichtet? Ja, das ist "Kellervogel", und nein, das ist er nicht, denn das Erzählte ist voller Erinnerung und Wünsche, die mit der Gegenwart immerfort verschwimmen - und die Gegenwart der beiden Partner ist auch nicht weit her. Vielleicht ist das eben die Eigenschaft der Liebe, dass sie nicht stillsitzen kann. Oder der Menschen, die die Liebe suchen.

Der Keller könnte der Ort sein, wo man still werden kann. Die Protagonistin sucht ihn immer wieder. Das hat mit ihrem Vater zu tun, der im Keller lebte, als er die Welt verließ, und der dort endgültig zur Ruhe kam, unter Jammern. Er hätte nicht allein sein wollen. In diesem Keller wartet die Schuld, die noch nicht abgetragen ist. Es geht ums Alleinlassen. Denn die Erzählerin, die Tochter, wird nun selbstallein gelassen mit ihren Kindern. Vielleicht istes also doch keine Liebesgeschichte, wenn das Alleinlassen kein Ende findet.

Der Roman endet damit, wie die Einsamkeit ertragen wird. Inmitten von Gesprächen in der Familie und Kontakten in der Nachbarschaft. Er erzählt vom Unverständnis zwischen Menschen und sich selbst gegenüber. Die Einsamkeit ist die Weise, sich selbst zu erkennen.
Die Ausweglosigkeit zeigt, wer man ist.
Das Ausgeliefertsein.
Das Schuldigsein.
Daran arbeitet sich die Existenz ab, vom Keller her gebaut.

Is "My bird" a lovestory? More than an affair, more that expectation or memory, presence of love? Yes, that´s "My bird", and no, it´s not. Cause that shown presence is full of questions in the past and future. Maybe this is love, never sitting still.
The cellar could be the place to become calm. The novelist often visits it. Thats because her father lives there when he left the world, lamenting, cause he did not want to be alone. In the cellar dept is waiting. The novelist is left alone with her children. Maybe its no lovestory when leaving alone finds no end.

That novel tells how loneliness is endured.
Loneliness shows who you are.
That subjection.
Being guilty.
Human existence has to work off that, built on that basement.

Donnerstag, 13. August 2015

Die Theorie der beiden Parks

Spät am Abend wollen Ali und ich uns noch ein wenig die Füße vertreten und gehen im Park spazieren, unweit von Mashas Wohnung im Stadtteil Enghelab, im Universitätsviertel mit dem Krankenhochhaus und den Universitätskliniken, wo auf einer einzigen Straße mehr Buchhandlungen sind als in meiner ganzen Provinzstadt.
Wir betreten den Laleh-Park von der Hejab-Straße und schlendern in der warmen Abendluft über den breiten Parkweg. Schon nach der ersten Biegung sehe ich im Schein der Parklaternen fröhliche Familien Federball spielen, mit Papa und Mama, Bruder und Schwester. Ich bin nicht mehr überrascht, hier mitten in der Stadt auch zu dieser späten Stunde nicht allein zu sein. Aber schon nach wenigen Metern sehe ich, wie organisiert diese Lebendigkeit ist. Denn da sind Volleyballnetze quer über den Asphalt gespannt zwischen den geraden Stämmen der Ahornplatanen, und kleine und große Gruppen schubsen und baggern, donnern und blocken den Ball übers Netz. Dann gibt es wieder die Fußballer. Ali erklärt mir den Unterschied zwischen den Dribblern mit dem Lederball, die auf die mitgebrachten kleinen Tore spielen, und denen mit dem Plastikball mit Dreierteams und Austauschspielern, denn das wäre ein eigener Bewerb. Es sind junge Menschen im Studentenalter, manchmal Schulalter, vorwiegend, aber nicht ausschließlich Männer, in ernsten Kämpfen, aber mit freundschaftlichem Umgang. Denn sehe ich auf einem anderen Weg die Ping-Pong-Tische, deren bunte Farben im Schein der Parklaternen abenteuerlich leuchten, nicht weniger als die oft neonfarbigen T-Shirts der Spieler. Aber zu den Federball-und Volleyballspielern, Dribblern und Tischtennisspielern gibt es ja auch noch die Zuseher, zuweilen auf Parkbänken, oft aber auch bloß auf den Randsteinen unter den Alleebäumen hockend, miteinander witzelnd, Kommentare und Anfeuerungen einwerfend. Wir bleiben immer wieder stehen, sehen Tore fallen, sehen Aufschlägen zu, lange und kurze Ballwechsel, sehen sogar Badmintonspieler, die den Federball übers Netz wuchten, und immer wieder verirrte Bälle, die von anderswoher durch das Spielfeld kollern, bis sie endlich wieder zurückgeschossen werden. Oft werden wir angesprochen, manchmal zum Mitspielen eingeladen, zuweilen gibt es auch bloß den Ball zurückzuschießen.
Schließlich kommen wir zu einer mit gelblichem Licht erhellten strohgedeckten Laube. Dort sitzen an vielen Tischchen Männergruppen um ein Schachspiel, daneben gibt es Backgammon, dann eine Schnapserrunde, und ich habe auch Damespieler gesehen. Hier sind eher ältere Männer beschäftigt, und das Verhältnis von Spielern und Zuschauern scheint ausgewogen zu sein. Hier herrscht zuweilen angespannte Konzentration, dann wieder ausgelassene Fröhlichkeit.
Ali macht mich auf eine kleine Gruppe junger Leute aufmerksam, die um ein Tischchen hocken, das fast im Finstern steht. Sie werfen nacheinander eine Zündholzschachtel auf den Tisch. Man erklärt mir die Regel: Kommt die Schachtel senkrecht zum Stehen, ist der Werfer ein König. Der darf dann einem anderen Werfer einen Befehl erteilen. Kommt sie auf der Seitenkante zum Stehen, ist der Werfer eine Königin, mit der oberen Flachseite ist er ein Städter, mit der unteren ein Bauer, und fällt die Schachtel gar vom Tisch, so ist der Werfer ein Dieb und muss die Befehle aller anderen ausführen.
Die weitere Runde durch den nun schon mitternächtlichen Park führt uns am Teich mit den beleuchteten Wasserfontänen vorbei, und wir sehen Blechtische, auf denen hochkonzentriert mit blitzschnellen Drehungen Tischfußball gespielt wird. Und schließlich ist da noch der Skaterplatz, auf dem ein bunt gemischtes Grüppchen zu Musik Runden dreht. Dabei scheint immer jemand Aufgaben zu geben, dann zuweilen rauschen die Skater einbeinig, dann rückwärts, dann wieder hochgestreckt oder trippelnd vorbei.
Und sogar hier, zwischen Alleebäumen und Asphaltwegen, spärlich von Laternen erleuchtet, lagern immer wieder Pärchen, Plaudergruppen, Picknickfamilien oder Damenrunden auf unsichtbaren Wiesen oder Randsteinen oder auch zuweilen direkt am Asphalt, oder man steckt die Fuße ins kalte Wasser des vorbeiplätschernden Baches.

Am nächsten Abend bin ich mit Mitra und Ali wieder unterwegs, diesmal aber im Ab-&-Atash-Park, auf einer Anhöhe inmitten der 15-Millionen-Stadt. Großer Zustrom auch hier. Ich sehe erleuchtete Segeldächer, Flanierplätze, geheimnisvolle Beleuchtungen, sehe Drahttürme, aus denen später Flammen schlagen werden, sehe einen Pony-Reitplatz, einige Holz-, Metall- und Steinskulpturen und schließlich alles auf eine aberwitzige Brückenkonstruktion zulaufen, die mit unzähligen Rampen und Ebenen, eingebauten Cafes und spektakulärer Beleuchtung, den Hügel über die stark befahrene, aber tief darunterliegende Stadtautobahn hinweg mit dem gegenüberliegenden Berg verbinden, wo dann wieder verschiedene Wege durch steiles Waldgelände führen. Es herrscht eine ausgelassene, beinahe feierliche Stimmung, ein wenig Neugier, Geschäftigkeit, wohl auch eine Gelegenheit, sich zu präsentieren und die neueste Garderobe auszuführen. Einige wenige Picknicker haben sich auf die Granitplatten gewagt, denn freie Wiesen gibt es nicht. Und nur bei dem Segeldach ist es hell genug für ein paar Federballspieler. Ansonsten zieht man schwatzend vorüber und registriert Ausblicke, zu denen man zuweilen stehen bleibt. Zusammen mit Mitra bemerke ich: Hier spricht dich niemand an, hier bleibt jeder für sich. Und unter Beachtung des gesellschaftlichen Kontextes entsteht die Theorie der beiden Parks.
Der Leleh-Park entspricht der persischen Demokratie. Hier treffen sich Menschen der verschiedenen Generationen, weil sie sich miteinander verabredet haben. Eigeninitiative herrscht vor, im Mittelpunkt ist, was Befreundete oder Verwandte miteinander unternehmen wollen. Es ist eine eigenständige Kommunikationsform, von außen nicht kontrollierbar. Dieser Park steht für Aktivität und Volk, man macht Sport, man spielt, diskutiert und organisiert sich selbst. Hier formiert sich der Demos - wie das in den individualistischen westlichen Demokratien kaum mehr vorkommt, außer mit konsumistischen Vorzeichen. Vorgegeben ist wenig: Parkwege, Tischchen, Bänke. Die Optionen stammen von den Benutzern.

Dagegen herrscht im Ab-&-Atash-Park Passivität vor. Man bestaunt die kunstvollen Inszenierungen und wandelt vorbei, und an jedem Eck stehen die Selfie-Fotografen vor den jeweiligen Attraktionen. Die summende Aufgeregtheit hat mit den schwindelerregenden Abgründen unter der Brücke zu tun, mit den Licht-und Finsternis-Inszenierungen sowie mit der Erwartung des nächsten Feuerspektakels. Hier inszeniert sich die Stadt selbst, d.h. die Stadtregierung führt die Skyline Tehrans vor, die am Boden kaum zu sehen ist, und macht die Flaneure zu stolzen Stadtbewohnern und Staatsbürgern in einem Zauberreich voller Illusionen und Erregungen. Die Wege, die sich den Spaziergängern auftun und geheimnisvoll auf verschiedenen Ebenen auseinandergehen, laufen am Ende wieder alle zusammen und liefern das Produkt mit gehobenem Gefühl wieder ab im gewohnten Verkehrschaos der Stadt. Die Optionen sind alle vorgegeben und nur scheinbar verschieden. Hier gibt es Publikum, aber ein Demos formiert sich hier nicht. Dieser Park entspricht der westlichen Ereignismaschine, in der passive Benutzer durch Medien und Freizeitinszenierungen bei Laune gehalten werden. An diesem Abend sehe ich das persische Volk zwischen diesen beiden Parks schwanken, und es lässt sich nicht absehen, wohin sich schließlich die Mehrheit neigen wird. Das ist dann die eigentliche Option, auch für uns im Westen

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Mittwoch, 12. August 2015

Arashs Familie

würde sich geehrt fühlen durch meinen Besuch, hat Arash mir gesagt, am Freitag Abend, wo sich gewöhnlich die ganze Verwandtschaft trifft bei der Großmutter. Und tatsächlich ist es eine Lebendigkeit und Fröhlichkeit, die mir dort begegnet in dem Wohnzimmer im 4 Stock, mit herumtollenden Kindern, Teller austeilenden Jugendlichen, die Köpfe zusammensteckenden Männern und Frauen, einem zufrieden lächelnden Großvater und einer die Töchter und Cousinen dirigierenden Großmutter. Wie von Zauberhand hocken bald die Männer auf der einen Seite und ihre Frauen auf der anderen. Neben mir sitzt der gebildete und einflussreiche Onkel Arashs, der in Amerika studiert hat und sehr gut Englisch spricht. Er ist Direktor der Flughafen-Logistik am Khomeini-Airport und arbeitet an der Verkehrssicherheit Teherans. Wir sprechen den ganzen Abend über Philosophie des Raumes, die unterschiedliche Raumwahrnehmung verschiedener Tiere und des Menschen, Verhaltenseigentümlichkeiten der Perser, Genetik in der Geschichtsforschung und Linguistik und überlegen, wie man diese Geschpräche fortführen könnte. Die Raumwahrnehmung verändert sich, als das Essen am Boden gerichtet ist und wir die Stühle und Polstersessel verlassen, und wiederum, als wir in manche Bewegungsspiele der Kinder einbezogen werden. Erst als ich glaubwürdig machen kann, dass ich wirklich nichts mehr essen und trinken kann, also gegen Mitternacht, werde ich entlassen und kann mit Mühe abwehren, noch Proviant und eine Versorgung für den nächsten Tag zugesteckt zu bekommen.

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Geschlechtertrennung und ihre Umsetzung

In der Metro in Tehran hatten mich die beiden quirligen Sportlerinnen, die gerade von einem mehrtägigen Kletterwettbewerb kamen und bei dem die eine Jurorin und die andere Teilnehmerin war, Sekunden vor der Abfahrt verlassen müssen und in den hinteren Wagen rennen, der für Frauen vorgesehen ist.
In Tabris zwickte Rana ihre Fahrkarte zwei Mal, für sie und für mich, stieg aber hinten ein, ich vorne. Drinnen im Bus trafen wir uns dann wieder, an beiden Seiten der schulterhohen gläsernen Trennscheibe. Im Taxi saß ich vorne, sie hinten. Auf der Picknickdecke beide nebeneinander, auf der Sitzpritsche im Traditionsrestaurant ebenso.
Im Schutzhaus am Damavand auf über 4000 Meter Seehöhe saßen Männer und Frauen durcheinander an den Tischen, und nachts schliefen sie quer durchmischt auf den zweistöckigen Lagerpritschen, die TeilnehmerInnen der zwei oder drei Bergsteigergruppen, schlanke und sportliche, selbstbewusste junge Menschen, geschlechtergemischte gutbürgerliche Wandergruppen, kleine jugendliche Gruppen von Reisenden sowie ein Einzelgänger.
In Hijdaris Wohnzimmer saß ich am Sofa neben seiner etwas einsilbigen, noch unverheirateten Tochter Delaram, die mir kräftig die Hand gedrückt hatte, während Hijdari seine nackten Füße am Couchtisch platzierte.
Die attraktive, gut geschminkte Putzfrau im Ordibehesht-Hotel arbeitete sich in gelassenem Tempo mit todernstem Gesicht den ganzen Teppichflur entlang und schließlich zwischen meinem Sofa und dem Tischchen vor der Rezeption hindurch, wo ich meine Arbeit mit dem Lobtop verrichtete, und ich musste meine nackten Füße solange hochhalten. Ihr Mann, der wie sie mit Atemschutz und Staubsauger, aber ohne Kopftuch putzte, also als Putzmann, und für die gleiche Strecke kaum die halbe Zeit brauchte, sang dazu lustige Lieder und lachte die ganze Zeit.
Im Minibus, der von der Ekbatanastraße bis zum Busterminal fuhr, wurde ich in der ersten Reihe neben einer stattlichen, aus dem Fenster blickenden Frau platziert, knapp hinter meinem Tramperrucksack an der Beifahrerrücklehne; kurz vor der Abfahrt setzte sich noch eine Frau auf das heruntergeklappte Sesselchen rechts von mir, ich war also weiblich flankiert. Somit scheint es keinen Ort und keine Tageszeit zu geben, in der man vor Frauen sicher sein kann im Iran

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Dienstag, 11. August 2015

Eine Stunde Hamedan

Vor dem Hotel stehen Minibusse in Zweierreihen, noch davor jetzt ein Lieferwagen, der sich dazudrückt auf Zentimeter, um den großen Bus vorbeizulassen. Auf den wenigen Metern der Shohada bis zum Maydan sehe ich am Gehsteig
auf einem Plastiktuch ausgebreitete stark gekrümmte Gurken
daneben ein Tuch mit frischgrünen Paprika, möglicherweise scharfe
ein Reisebüro in Form eines Geschäfts mit Glasscheiben, einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Telefon, einem Drucker und einer Frau – von ihr bekomme ich das Busticket nach Tehran
eine Bäckerei, wo es die Safrankuchen gibt, die ich zum Frühstück esse
Stände mit Orangen, Feigen, Bananen, Ringlotten, Pfirsichen, Nektarinen
ein Laden mit allen Arten von Nüssen
der Maydan mit Hunderten hektischen Passanten, Taxis, Motorrädern, Privatwagen, die kurz halten, um jemand aus- oder einsteigen zu lassen, während sich bereits ein Uniformträger mit Notizblock nähert
eine Vitrine mit auf Stangen gedrehten gegrillten Hühnchen, deren Bild mich auf dem ganzen Rundgang über die Shoriati, den Khaje Bashid – Boulevard und die Bualistraße zurück begleitet
ein dreijähriger Bub mit Lockenkopf und dunkler Haut auf einem Laken am Gehsteigrand kauernd, offenbar auf die Mutter wartend
lange Teenagerschlangen vor einer Glasscheibe, danach Teenagerschlangen mit Pommes Frites-Tüten
Eisdielen mit Kebabstangen
eine Vitrine mit senkrechten Bratspießen, die sich waagrecht im Kreis drehen
eine am Gehsteig hockende gut gekleidete Frau, die versucht, im aufgeklappten Staubsauger einen papierenen Staubsack zu montieren. Ihr Mann steht gegenüber und bewacht sie. Ich war knapp daran zu helfen, ich habe dasselbe Modell
eine Auslage mit blinkender Neonreklame, hinter der in einem nackten Raum ein Arbeiter mit einer Leiter die Wände streicht
eine Auslage, mit bunten Zwirnrollen drapiert
ein Schaufenster mit Schraubenschlüsseln, nach Farben, Material und Größe geordnet
ein am Gehsteig hockender Mann, neben dem blinkende und rasselnde Plastiktiere im Kreis hüpfen
hängende Schafhälften hinter Glas
weiße, noch tiefgekühlte Hühnerkeulen nebeneinander gesteckt in einer großen glasbedeckten Holzkiste, wie im Beinhaus
ein schmaler unscheinbarer Stiegenaufgang zum Teehaus, wo auf Teppichböden in Stuhlhöhe alte und junge Männer hocken und Tee schlürfen, rauchen, plaudern, Briefe lesen, telefonieren oder aus der Zeit heraus blicken. Gestern habe ich hier gefrühstückt
ein Mann schiebt einen Karren mit aufgetürmten Tomatensteigen die Buali hinauf, mitten durch das dichteste Menschengewühl
in Schlangenlinie winde ich mich durch das Geschiebe, das in allen Richtungen über den Gehsteig wogt
schließlich bin ich wieder am Maydan und suche die Hähnchen. Eigentlich war es eine Eisdiele mit Plastikdesign wie eine McDonaldsfiliale, und ich konnte im hinteren Teil unter der Galerie Platz nehmen. Statt der erhofften Kühlung gab es dort aber stickigen Küchendunst, und lustlos räumten 15jährige Jungs die kleinen Tischchen ab. Pro Tisch gab das mit den Staniolfolien und Plastikbechern und –besteck ein getürmtes Tablett, nach drei Tischen war die Mülltonne voll. Gegenüber nahm ein Mädchen mit kunstvoll gezupften Augenbrauen Platz, das eine Viertelstunde kein einziges Mal den Blick vom Smartphone abwandte und am Strohhalm Cola saugte. Der Junge erschien von unten noch oben hinter dem Ladentisch mit meinem halben Hähnchen, zwei großen Weißbrotwecken, einem Sortiment von in Plastik geschweißten Soßen und Marinaden und je einer aufgeschnittenen Zwiebel, Salzgurke und Tomate. Als er nach meinem Abendessen wieder mit dem Tablett verschwand, von oben nach unten im Aufzugschacht, da waren noch alle Säckchen drauf und auch die Brote, das Plastikbesteck noch eingeschweißt, vom Hähnchen aber nur die Knochen

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Montag, 10. August 2015

Ekbatana

Ekbatana heißt diese Stadt eigentlich, bereits im ersten vorchristlichen Jahrtausend Hauptstadt der Meder, für die persischen Großkönige dann Verwaltungshauptstadt, laut Herodot von sieben verschiedenfarbigen Wällen umgeben, von denen einer oder zwei in den letzten Jahren ausgegraben wurden. Ekbatana war, wie hier jeder weiß, die Stadt, in der die Jüdin Esther als Frau des Perserkönigs Xerxes Königin des Perserreiches wurde und ihr Volk vor der Verfolgung rettete. Tatsächlich gab es seit Kyros´ und Xerxes´ Zeiten ein freundschaftliches Verhältnis der Perser zu den Juden, und hier lebte auch die größte jüdische Gemeinde außerhalb Israels. Selbst im 20. Jht gab es viele Kooperationen zwischen beiden Ländern, bis zur Militärhilfe Israels an den vom Irak angegriffenen Gottesstaat.
Weniger bekannt ist aber, und auch Rabbi Rajad war erstaunt, als ich davon sprach, dass auch Tobias, der jugendliche Held des Buches Tobit, nach Ekbatana zieht, um Ungeheuer und Dämonen zu besiegen und seine Sara zu befreien und zur Frau zu bekommen. Meine jüngste Kirchenoper spielt diese Geschichte und ist eigentlich eine Jugendoper, zu der die Musik von einem jungen Jazzmusiker gemacht wurde. Und tatsächlich finde ich das alte, ehrwürdige Ekbatana als eine Stadt der Jugendlichen vor, voll Optimismus und Reichtum und Geschäftigkeit, und im Verhältnis zu der verwinkelten persischen Seele ist ihre Anlage erstaunlich geradlinig und übersichtlich.

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Reza

Reza, 28, ist ein energischer junger Mann. Er ist Englischlehrer, spricht sehr deutlich und hat klare Vorstellungen. Da er heute unterrichten muss, treffen wir uns um 7 Uhr und fahren nach Abbas Abad, wo es ein einzigartiges Brot gibt, das wir mit Schlagobers und Honig essen, im Türkensitz auf der Pritsche. Danach schlendern wir über den Hügel und turnen an einigen der Gymnastikgeräte in der kühlen Morgenluft. Er erkundigt sich nach Arbeit, Freizeit und Einkommen der Österreicher, ich beschreibe alles möglichst drastisch, und er will wissen, ob 14.000 Euro schon ein Startkapital wäre für ein Leben dort. Er hat noch den Militärdienst vor sich, ohne den man im Iran keinen Pass bekommt, aber danach will er unbedingt nach London fahren.
Zu Mittag bin ich in seinem Haus zum Essen geladen, er lebe single und könne kochen. Aber das Haus ist eine Wohnung im ersten Stock, und wir sitzen zusammen mit seinem jüngeren Bruder, der Atomphysik studiert, im Kinderzimmer und hören die Frauen draußen kichern, ohne sie zu Gesicht zu bekommen. Dann werde ich auf Wohnzimmersofa gebeten, Reza stellt eilig den Fernseher an, es folgen Melonen und Süßigkeiten, und schließlich wird am Wohnzimmerteppich die Plastikdecke ausgebreitet und das Mittagessen serviert. Jede Speise auf einem eigenen Teller, der Reisteller von Reza aufgehäuft. Ungefragt erlaubt er mir, mich auf einen Stuhl zu setzen, obwohl ich gern am Boden sitze. Die Geschwister sehen sich fragend an, da ich noch nicht zulange, bevor alle, auch die Mutter, da sind. Als sie erscheint und Platz nimmt, begrüße ich sie als Rezas Schwester, was sie zum Lachen bringt. Sie habe mit 15 geheiratet. Ich frage die 16jährige Schwester, ob sie auch schon heiraten möchte, was sie empört ablehnt. Sie tuscheln und kichern und kommentieren meine Art, den Teller hochzuhalten und nicht jeden Bissen vom Boden zum Mund zu führen. Dazu muss ich einmal erwähnen, dass man im Iran mit Gabel und Löffel ist, aber ohne Messer. Später sitzen wir am Sofa, die Mutter daneben/dahinter am Boden, und Reza lauscht eine Weile der Predigt des Staatsoberhauptes im Fernsehen, der inmitten von am Boden kauernden Männern spricht, deren andächtige und ergriffene Gesichter und nasse Augen in Großaufnahme zu sehen sind. Dann stellt Reza auf Nachrichten und Sport um, und dieselben Meldungen wie seit Tagen flimmern über den Breitbildschirm, vom Schachturnier, vom Hallenfußball, von tennisspielenden Mädchen in Astronautenanzügen, während ihr kurzärmliger Trainer viel länger im Bild ist, von der Trennung des Provinzvereins von seinem Trainer aus finanziellen Gründen, während dieser schon wieder oder weiterhin von jedem Spieler und dessen Familienangehörigen rührig verabschiedet wird. Schließlich erkundigt sich der naturwissenschaftliche jüngere Bruder nach meinen Ansichten vom Islam und dem Christentum. Den Zölibat können sie nicht begreifen, weil Verzicht für sie kein Wert zu sein scheint. Erst mein Vergleich mit dem Ramasan gibt ihnen zu denken, nachdem ich alle Beteuerungen, wie gesund er sei, mit meinen Erfahrungen und Beobachtungen widerlege. Die türkischen Wirte in Wien machen das beste Geschäft des Jahres im Fastenmonat (wie die Christen in der adventlichen ehemaligen Fastenzeit), die Männer fressen sich die Bäuche an, der marokkanische Taxifahrer halluzinierte in der Mittagshitze, und mit der Rücksicht auf Ausnahmen sei es so bestellt, dass sogar assyrische Christen in der Türkei oder Armenier in Isfahan – oder Reisende wie ich - zum Mitfasten gezwungen seien, weil alle Restaurants und Lebensmittelgeschäfte geschlossen seien. Es wäre eine Demonstration von geistiger Entschlusskraft und Gottvertrauen, dass man sogar gegen die eigene Natur um Gottes Willen leben und dabei gereinigt und gestärkt werden könne, umsomehr, wenn es als persönlicher, individueller Ruf erfahren würde und nicht bloß als Vorschrift mit öffentlichem Druck. Schließlich meint Reza, der mir immer wieder ins Wort fällt, das Gespräch dadurch entscheiden zu können, dass ja schließlich Mohammed der letzte und größte aller Propheten sei. Aber sein Bruder, der Kernphysiker, begreift schnell die Relativität aller absoluten Aussagen, die vom eigenen Standpunkt abhängig sind. Und schließlich müsste ja dann endlich Bahula als der (bisher) letzte und größte Prophet anerkannt werden, der auf iranischem Boden gewirkt habe, noch dazu, wo er nichts anderes als den Weltfrieden gepredigt hätte – während er und seine Anhänger von gläubigen Muslimen bis auf den heutigen Tag mit Gewalt verfolgt worden wären.
Reza hat sich genauso wie Mahmoud auf meine Couchsurfing-Anfrage nach einer oder zwei Gratisübernachtungen gemeldet und mir sein Sofa angeboten, als meine Barschaft schon sehr knapp wurde. Von diesen Einladungen war aber dann nicht mehr die Rede, Mahmoud erwähnte eine polizeiliche Meldepflicht zum Schutz der in der Stadt lebenden 50 Juden, Reza hatte gar keine Begründung. Stattdessen wollte er sich, zusammen mit seinem Bruder, der Einladung Mahmouds zum Schwimmnachmittag anschließen und deutete an, wie viel ich dafür zu zahlen hätte. Erst die Begegnung mit Mahmoud brachte ihn von diesem Plan ab, und sie verabschiedeten sich einsilbig.

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Mahmoud

Mahmoud, 27 Jahre, hat eine Firma, die mit Lebensmittel handelt. Er muss aber auch in den beiden Firmen seines Vaters mitarbeiten, in der Baustoffbranche. Letzte Woche hat sein Vater ihm eröffnet, er möge sich doch von seiner eigenen Firma trennen. Denn Mahmoud arbeitet 7 Tage in der Woche in großer Hektik. Und seine Manager-Aufgaben könne man keinem Angestellten übertragen, weil es doch um viel Geld ginge und man Fremden nicht trauen könne.
Beim ersten Treffen fahren wir, seine zauberhafte Frau und deren Bruder, nach Abbas Abad, einem Hügel oberhalb der Stadt. Er schwärmt mir von der guten, kühlen Luft dort und dem schönen Ausblick, weil die Stadt so stickig und heiß sei, während wir mit tausend anderen Fahrzeugen im Stau stecken auf dem Weg in die Freiheit. Aber man soll sich nicht den Kahlenberg vorstellen oder das Kreuzbergl und deren beschauliche Anhöhen. Wir kreisen eine halbe Stunde für einen schuhlöffelgroßen Parkplatz, schleppen dann Decken und Körbe mit Essen durch Spaliere von am Boden lagernde Familien, begleitet von einem Riesenjahrmarkt mit fröhlichen Menschen, Verkaufsständen, Bratbuden, Zuckerwatte, Popmusik aus Lautsprechern und herumtollenden Kindern, und finden schließlich ein Plätzchen auf den metergroßen Stufen oberhalb des Paintball-Spielplatzes. Früher hatte Mahmoud dort Rollhokkey gespielt in der Nationalmannschaft, nun hat er den Sport aufgeben müssen wegen Zeitmangel.
Am folgenden Abend sitzen wir auf der Terrasse des großelterlichen Gartens, wieder auf einer am Boden ausgebreiteten Decke, und essen mit von Nadire zubereiteten Aufstrich gefüllten Sandwich in der lauen Abendluft, während alle paar Minuten Mahmouds Handy läutet, seine Großmutter vom Balkon etwas einwirft oder ihm etwas einfällt, das er Nadire noch sagen muss. In dieser Zeit sprechen wir von der heutigen Wirtschaftspolitik des Iran, die deutlich besser wäre als bei der letzten Regierung, (Am nächsten Tag, im Hallenbad, erfahre ich, dass sein Onkel Erziehungsminister in der Regierung ist. Deshalb kommen wir so billig ins Hallenbad der Universität von Hamedan, welche die beste und begehrteste des Landes und wahrscheinlich der ganzen Welt ist. Sein Schwager studiert hier) den Importen aus China und Türkei, dem Zahnarztlabor seiner Frau, dem Ruf von Zahnärzten im Iran, angebotenen billigen Zahnkorrekturen, und wie zur Bestätigung lächelt sie sympathisch übers ganze Gesicht. Danach fahren wir nochmals nach Abbas Abad und gehen eine Runde um die Anhöhe. Ich sehe die Felsenstelle, an der Darius´ steinerne Keilschrifttafel war, bevor sie ins Museum gebracht wurde, und übermütige Männer dort bloßfüßig herumklettern, sehe aber die in den Felsen gebaute Shoppingmall nicht mehr, da sie zur großen Enttäuschung Mahmouds zu dieser Nachmitternachtsstunde bereits gesperrt ist. Diesmal sitzen wir auf einer abschüssigen Steinbank, ich bekomme den Platz zwischen den jungen Eheleuten und rutsche ständig nach der Seite ab. Auf den Knien balancieren wir eine Dose mit Keksen aus Isfahan, die Thermosflasche mit Tee, Porzellanschalen und die Smartphones, und nun gelingt es mir erstmals, Bilder aus meiner Heimat zu präsentieren.

Am nächsten Morgen werde ich von Reza zum Frühstück abgeholt, um 7 Uhr. Es geht zur großen Überraschung: nach Abbas Abad, das erstaunlicherweise sehr ruhig und aufgeräumt ist.

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Land und Leute

Die allermeisten Perser, die ich treffe, sind sehr stolz auf ihr Land und haben das Gefühl, vom Westen nicht richtig verstanden zu werden. Das Bedürfnis, ernst genommen zu werden und nicht bloß als Entwicklungsland zu gelten, stützt sich dann manchmal auf die Religion (wie bei Rana), auf die lange und ehrwürdige Geschichte oder auf die neuere, verbesserte Politik (Adel, Reza, Mahmoud). Dabei ist man durchaus offen für Kritik, z.B. für das geringe ökologische Bewusstsein (Aram), die Dominanz der Religion (Behzam), falsche Wirtschaftspolitik (Mahmoud). Aber es scheint einen Tenor darin zu geben, dass die gegenwärtige Regierung besser ist als die frühere, dass sie richtige Entscheidungen trifft, das Land öffnet und aus der Isolation herausführt. Ich habe niemand getroffen, der gegen die Religion war, aber man will sie ohne öffentliche Gängelung, in Freiheit. Viele wollen mir die Schia erklären und nahebringen, wohl auch aus Rechtfertigungsbedürfnis als die kleinere, unbedeutendere Variante des Islam. Dass ich viele der heiligen Stätten des Iran kenne, wird sehr geschätzt, dass ich nicht Farsi spreche, nicht kritisiert oder erwartet. Aber dass der Anspruch des Islam, die letzte und höchste Offenbarung zu besitzen, von Andersgläubigen nicht unbedingt geteilt werden kann, ist keine selbstverständliche Einsicht. Dabei sind die allermeisten meiner Gesprächspartner junge Akademiker Mitte Zwanzig. Und immer wieder scheint Erkennen und Glauben wie dasselbe: das Wissen um den letzten, verborgenen Imam und dessen erwartete Wiederkunft am Ende der Zeit wird bereits als Glaubensbekenntnis verstanden, Respekt wie die Vorstufe der Unterwerfung (=Islam).

Sonntag, 9. August 2015

Nachtrag zu Tabris

Adel und Rana haben mir einen Film über Mevlana Rumi geschickt, als ich ihnen von meiner Lektüre erzählte. Denn Rumis Lehrer oder Freund Schams stammt aus Tabris...
Hier kann man ihn sehen!
(in englischer Sprache)
http://www.aparat.com/v/sPIbr

Gastfreundschaft undsoweiter

Hijdari gehört eher zu den ungeduldigen Menschen. Als er mich auflas auf einem der Kreisverkehre in Saneh, wohin mich bereits eine eigene Variante der Reisegeschichte gebracht hat, da verstand er sofort mein Reiseziel: Kangavar mit dem berühmten Anahitatempel. Mit seinem Peugeot dorthin unterwegs, hochtourig wie die meisten Perser, und mit aufgeblendetem Fernlicht am glühenden Nachmittag, zeigte er mir die Hochzeitsfotos seiner Tochter am Smartphone, führte unzählige Telefonate und befragte mich über Straßenqualität, Einkommen und Klima meines Heimatlandes. Jede Frage wurde eingeleitet durch ein Klopfen mit dem Handrücken gegen mein Knie, und nach erfolgter Antwort meist fünfmal wiederholt. Ich wollte zwischen Kermanshah und Hamadan noch zwei Besichtigungen einschieben, nämlich des archemenidischen Felsenreliefs mit der Darius-Inschrift in Bisotun, wohin ich ganz regulär mit einem Kleinbus kam, sowie des besagten Anahitatempels, wofür ich aber keinen Bus mehr finden konnte. So versuchte ich mich also wieder einmal im Autostoppen und hatte gar keinen schlechten Erfolg. Nach mancher Stunde in der schattenlosen Gluthitze neben der schnell befahrenen Landstraße wurde ich an einer Abzweigung aufgelesen und unter persischen Beteuerungen nach Saneh gebracht, genau auf der falschen Abzweigung. Von dort sollte ich leichter wegkommen, was auch stimmte, denn hier fand ich meinen Hijdari bzw. er mich.
Den Anahita-Tempel hätte ich ohne die fachkundige, aber beinahe sprachlose Führung kaum so gut verstanden. Zusammengehörende Säulenteile, Proportionen des Turms mit drei Stufen, eines Zikurats also wie Chogha Zanbil, aber nicht wie dieses aus Ziegeln, sondern aus fein zugeschnittenen Felssteinen, und mit dem nicht erhaltenen Heiligtum der Fruchtbarkeitsgöttin an der Spitze, erklärt und gezeigt vom Verfasser des Grabungsbuches, von diesem mitgeführt wegen der Abbildungen, von Hijdari verwendet als Sonnenschutz.

Ich hätte mich nun am mittleren Nachmittag verabschiedet und den Weg gesucht nach Hamadan, immerhin noch etwa 70 km. Aber Hijdari offenbarte mir nun seinen Plan, mich in sein Haus zum Essen einzuladen, zum Übernachten, und morgen dann nach Hamadan zu fahren. Wer könnte da ablehnen! So ging es also nochmals zurück nach Saneh, und ich lernte seine Frau kennen, und später seine Tochter, die wegen ihrer Englischkenntnisse herbeigerufen wurde. Die 28 Jährige, die mir offen die Hand gedrückt hatte, erklärte zwar, Jus zu studieren in englischer Unterrichtssprache, konnte aber kaum einen Satz sagen und übersetze auch nur weniges von dem, was ihre Eltern am gegenüberliegenden Sofa sagten. Hijdari war LKW-Fahrer gewesen und hatte nun ein Bandscheibenleiden. Die Mullahs und die kopftuchverhangenen Frauen verspottete er mehrmals, aber auch in seinem Haus trugen die Frauen Kopftuch. Unverhohlen erkundigte er sich nach dem Reichtum der Österreicher und danach, ob ich verheiratet wäre, um mir dann augenblicklich seine anwesende Tochter zur Frau anzubieten, und dann, und dazu machte er eine flotte Handbewegung, ab nach Europa. Sie selbst lächelte säuerlich, und ich erwähnte den gerade beschlossenen Einwanderungsstopp in Österreich. Währenddessen zappte Hijdari durch alle 900 Satellitenprogramme, bis er englischsprachige fand: zuerst einen amerikanischen Bibelsender, dann eine Messe, und schließlich eine Talkshow, während ich lieber die Fußballübertragung gesehen hätte. Zum servierten Tee erklärte mir Hijdari fünfmal hintereinander, wie man den Zuckerwürfel verwenden würde, obwohl ich keinen Zucker nehme. Schon zweimal bekam ich einen Teller mit süßen kleinen iranischen Weintrauben hingestellt, während mir schon der Magen knurrte angesichts des versprochenen Essens. Dieses gab es aber erst, nachdem sich die Tochter verabschiedet hatte, und es wurde auf persische Art am Küchenboden serviert. Die beiden beobachteten genau, ob ich beim Türkensitz die Knie am Boden hätte, und beanstandeten, dass ich nicht den Reis in den Fleischteller geben, sondern umgekehrt die Fleischsoße auf den Reisteller mischen solle, denn im Unterschied zu mir betrachten sie den Reis (den Hijdari mir eigenhändig auf den Teller schaufelte, nachdem ich nur wenig genommen hatte) als das Hauptnahrungsmittel und das andere als Beifügung; aber ich blieb bei meinem Entschluss und aß mit großem Genuss fertig. Nach dem Essen wollte Hijdari Hilfe gegen seine Rückenschmerzen, aber meine Dehnungsübungen, die ich am Wohnzimmerteppich vorzeigte, konnte er wegen seines Bauches nicht mitmachen. Kurzum, mit internationaler Kommunikation verbrachten wir den Abend, und ich wurde ins ehemalige Kinderzimmer entlassen.
Um 6 Uhr Morgen stand Hijdari in der Tür, mit dem Autoschlüssel in der Hand, und warf mir die Wäsche herein, die an der Leine im Hof getrocknet war. Dann fuhr er nicht etwa den ohnehin langen direkten Weg, sondern wollte mir unbedingt noch den berühmten Wasserfall zeigen, den ich am Vortag verweigert hatte und der sich als ein Rinnsal im Morgengrauen darstellte. Mit einem Klopfen aufs Knie und gewichtiger Geste demonstrierte er stets das seiner Meinung nach beste Fotomotiv und war sonst heute eher einsilbig. Als er mich dann in Hamedan an einer beliebigen Kreuzung absetzen wollte, weil er sich in der Stadt nicht auskannte, nannte er dann den Preis für seine Gastfreundschaft, der in die Millionen ging und mit einer Hotelübernachtung und einer Überlandtaxifahrt durchaus mithalten konnte. Es gab noch einige emotionale Verhandlungen unter lautstarker Einbeziehung des Personals von drei Hotels, welche dann alle kein Zimmer mehr freihaben wollten für mich, bis er schließlich mit einer Summe abzog und mich noch freundschaftlich umarmte. Reguläre Hotels haben auch ihre guten Seiten, dachte ich dankbar und blickte aus dem Fenster des Ordibehesht-Hotels.

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Donnerstag, 6. August 2015

Philosophische Überlegungen zum Straßenverkehr

Man soll das laute Geschiebe auf Teherans Straßen ja nicht für chaotisch halten. Natürlich stimmt es, dass Fahrspuren, Rechtsvorrang, Blinklicht, Schutzwege oder Geschwindigkeitsbegrenzungen hier keine Bedeutung haben. Aber nach wochenlangen genauen Beobachtungen als Taxipassagier in verschiedenen Städten sowie den eigenen Erfahrungen beim Überqueren breiter Boulevards kann ich zumindest eine weise Vernunftregel nennen, die überall beachtet wird:

TATSACHEN WERDEN UNBEDINGT RESPEKTIERT.

Wo ein Verkehrsteilnehmer ist, kann nicht zugleich ein anderer sein.
Dabei spielt die Frage der Rechtmäßigkeit keine Rolle. Ein Wagen kann quer zur Fahrtrichtung stehen oder sogar gegen die Einbahn fahren. Stets werden alle unaufgeregt und eilig ausweichen – dabei ist wieder der vordere, gleich in welcher Schlangenlinie sein Ausweichmanöver stattfindet, die Maßgabe des nachkommenden, der wieder den späteren prüft. Rückspiegel sind unwichtig, im Zweifelsfall wird gehupt. Dabei gibt es keine gegenseitigen Zurechtweisungen oder Rachejustiz wie bei uns. Wer vorn ist, gewinnt.

Diese Regel bezieht sich klarerweise nicht nur auf ruhende Objekte, sondern schließt deren Geschwindigkeit mit ein. So kann also ein Auto oder Motorrad die ganze dicht befahrene Fahrbahn queren, oder einen breiten Kreisverkehr von ganz innen nach außen – solange der Teilnehmer vor der erwarteten eigenen Ankunft in Lücken vorstößt, wird er selbstverständlich respektiert. Sogar als Fußgänger kann man entspannt zwischen mehreren Kolonnen von vorbeirasenden Fahrzeugen mitten auf der Straße stehen, und bei Gelegenheit den Weg gelassen fortsetzen, und wird freundlich vom Regen Treiben aufgenommen werden und an der anderen Straßenseite wieder ausgespuckt. Genaugenommen gilt dann dasselbe auch am Gehsteig, wo einander nicht nur Fußgänger, sondern auch Handkarren, Motorräder, Lastträger, Obststeigen, Handwerker, Schulklassen, Straßenkehrer, Abflusskanäle und noch mehr unerwartete Dinge begegnen. Dabei sollte man sich von freundlichem Entgegenkommen nicht täuschen lassen: Ein Auto kann vor einem die Straße querenden Fußgänger bis zum Schritttempo heruntergebremst werden, es kann Blickkontakt geben mit dem Fahrer – dennoch wird er niemals anhalten, und sei der Platz zum Gehen noch so knapp. Da gibt es auch keine Ausnahme für attraktive Frauen, Kinder, Radfahrer, Karrenschieber, Greise, Kranke oder Gehbehinderte. Alle haben sich nach den vorherrschenden Tatsachen zu richten und den tatsächlichen Geschwindigkeiten, nicht nach Wünschbarkeiten. Mit diesem nüchternen Realitätsbezug kommt der Orient mit vielen haarsträubenden Widersprüchen zurecht!

Ich sehe diese iranische Weisheit mit der nondualistischen Philosophie Josef Mitterers verwandt, die darin besteht, eine vorhandene Tatsache und ihre Interpretation wiederum als Tatsache zu sehen, ohne eine außerhalb liegende Wahrheit zu behaupten. Der Nachfolgende möge Tatsache und Interpretation als vorhanden akzeptieren und seine Meinung, Kritik und Interpretation dazufügen. Ebenso wird es wieder der nächste machen. Auf diese Weise kann ein Argumentestau entstehen wie auf persischen Straßen - aber man erspart sich den Streit, wer recht hat

Kermanshah und die andere Seite

Aus einer der wenigen Schlafphasen reisst mich ein Rütteln an der Schulter, und an mir vorbei drängt sich bereits die Schlange der Buspassagiere zum Ausstieg.
Nächstes Bild: ein Kreis um den Schaffner an der Gepäckklappe, er rüttelt an den verkeilten Taschen, mein Rucksack darinnen, jeder dem andern im Weg.
Ich muss aufs Klo, die Hallen des Terminals noch geschlossen, der Park hell erleuchtet.
Jederzeit kann die Meute der Taxifahrer auf mich losstürzen, dann muss ich wissen, welches Hotel.
Ich finde schließlich Brille und Reiseführer, auch die Seite für Kermanshar, aber wie soll ich das lesen mit flimmernden Augen im Morgengrauen?
Die englisch sprechende Dame im Taxlerkiosk ist gut gelaunt und muntert mich auf – mir war, als hätte ich sie deutsch sprechen gehört, aber der Taxler schiebt mich schon ins Fahrzeug.
An der blitzschnell ausgewählten Adresse finde ich eine leere Rezeption und einen davor einsam auf einem Hocker am Gehsteig sitzenden Mann, der bloß den Kopf schüttelt, kein Zimmer für mich.
Nebenan und gegenüber sind die weiteren Adressen für günstige Hotels. Schließlich fahren wir alle im Buch angegebenen Adressen an, der Taxler findet sie ohne mich. Kein Zimmer.
Wollen die mich nicht.
Ich kann ja auch gleich weiterfahren nach Hamadan, sage ich zum achselzuckenden Rezeptionisten.
Gibt es ein Festival in der Stadt oder eine Agrarmesse?
Der weißhaarige Taxler verliert langsam die Ruhe.
Die Straßen liegen still im Morgenlicht.
Ich überlege Alternativen.
Den Rucksack wo abstellen, die wenigen interessanten Dinge tagsüber ansehen, abends weiterfahren.
Klingt anstrengend, aber billig.
Gerade freunde ich mich mit dem Gedanken an, als wir noch ein letztes Mal halten. In der Nähe des Terminals am Stadtrand. Vor dem Persien International Hotel, wie es von vorn heißt. Wie eine Art Hilton oder Holiday Inn.
Tatsächlich ist hier etwas frei, ich bin überrumpelt und finde keinen Charme, um den Preis herunterzuhandeln. Etwa 80 Euro, soviel wie die letzte Woche zusammen. Dafür alles pipapo. Nach den bisherigen Fladenbrot/ Butter/ Honig/ Ei-Frühstücken schlemmere ich jetzt vom Buffet, sogar Kaffee und Müsli.
Inmitten von gut gekleideten, leise sprechenden Ehepaaren oder Anzugmännern.
Erst am Nachmittag marschiere ich zu den Felsenhöhlen – die Sehenswürdigkeiten in der Stadt seien heute geschlossen.
Dann noch einige Stunden im Restaurantgarten mit den Büchern und einer ganzen Thermoskanne Tee. Und beim Heimgehen so leichthin, dass ein Lächeln und leicht angedeutetes Handheben genügt, um die Begegnenden (manch einer wackelt mit der flachen Hand und hebt fragend kopfschüttelnd die Augenbrauen) freundlich zurücklächeln zu lassen. Und dann pflanzen sich noch zwei Schülerinnen vor mir auf und befragen mich, und nun bin ich kein Chinese mehr. Sie haben das Examen zum Medizinstudium nicht geschafft und wollen es im nächsten Jahr noch einmal versuchen. Ob ich auch genug von der Schia wüsste, denn dann würde ich mich bestimmt dazu bekennen. Denn die Schia sei wirlich gut. Und ob sie noch ein Foto machen dürften. Und beim Selfie bekommen wir noch drei Heiligenscheine am Handydisplay

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Mittwoch, 5. August 2015

Kulturstunde

Saré kommt auf mich zu und fragt, wer mein Führer ist. Du, sage ich schnell, und schon stehen wir bei den ersten Exponaten. Sie führt mich mit Hingabe und starker Stimme die Schautafeln und Vitrinen entlang und liest mir beherzt alles auf Englisch vor, was dort englisch geschrieben ist. Ergänzungen beziehen sich nur auf Fundorte in der Umgebung. Immerhin sehen wir Funde aus der Steinzeit, von den Elamitern, den Uratäern und der Zeit der Archämenidenkönige bis zur Gegenwart – und das alles in nur einem Saal. Sie bedenkt mich mit forschen Blicken, erzählt von ihrem kürzlich verstorbenen Vater und seinen blauen Augen, der in Europa geboren war, und erklärt die ausgestellten goldenen Schmuckstücke mit Handbewegungen, als würde sie sie selbst anlegen. Ich sehe dunkelblondes Haar unter dem Kopftuch, aber braune Augen. Als wir die Sperrstunde des Museums erreichen, gibt sie sich als Englischlehrerin zu erkennen und willigt ein, noch auf ein Getränk mitzukommen. Es sind aber dann nur wenige Sätze, die wir miteinander sprechen, immerfort telefoniert sie, und bevor noch etwas serviert wurde in dem feinen Lokal, in das sie uns eine halbe Stunde lang geführt hat, muss sie sich verabschieden, weil ihre Mutter sie erwartet.

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Christen in Urmiya

Die Apostolische Assyrianische Kirche ist duophysitisch, und nicht monophysitisch wie die Assyrische oder die Armenische Kirche, sagt der Priester. In der Kirche ist keine Ikonostase, nur ein Kommuniongitter, das den Raum der Priester und Diakone abgrenzt. Der Altar steht an der Ostwand. In der Kirche sind weder Bilder noch Statuen, unser Patriarch habe das nicht gewollt, sagt er. Patriarch Mardensa habe in Chicago residiert, vor wenigen Wochen sei er gestorben, nun würde in Arbil, Irak, ein neuer gewählt. Er zeigt mir Bibel und Gebetsbuch in aramäischer Sprache, der Liturgiesprache. Man spreche von Maria als Mutter Christi – den Titel Gottesmutter lehne seine Kirche ab. Später lerne ich seinen Sohn kennen, der mit 17 Diakon ist. Früher habe man in der Nähe von Damaskus Theologie studiert. Jetzt müssten angehende Priester im Iran einen Kurs absolvieren, der Sohn überlegt das.
Die Assyrer betrachten sich als ein Volk, das über vier Länder verstreut ist. Im Iran geht es ihnen am besten, sie fühlen sich wohl hier. In Syrien und im Irak werden sie im Krieg verfolgt, in der Türkei drangsaliert. Aber er gibt zu, dass sie auch hier mit der immer stärkeren Abwanderung zu kämpfen haben. 5000 Gläubige zähle seine Gemeinde, und die Kirche war gestern Sonntag voll, erzählt er stolz. Er erwähnt nicht, dass im 19. Jahrhundert viele Chaldäer, Assyrer, Armenier und Nestorianer hier gelebt hätten, aber nach katholischen und protestantischen Missionstätigkeiten 1880 sowohl von Kurden wie von Iranern massakriert und ihre Kirchen zerstört wurden. 1918 war der Großteil der verbliebenen Christen vor den anrückenden Türken geflohen, die nicht einen neuerlichen Genozid abwarten wollten.

Ob er bei Iranern Interesse am Christentum bemerke? Das hält er nur für Schein. Einmal Moslem, immer Moslem, sagt er trocken.
Und das Verhältnis zur katholischen Kirche? Er findet es bedauerlich, dass die lateinische Sprache aufgegeben wurde und die Gebetsrichtung nach Osten, durch den Volksaltar. Eines Tages würden wir uns noch der protestantischen Kirche anschließen, meint er, und zeigt mir beim Abschied noch die versperrte assyrisch protestantische Kirche gegenüber.

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Ein Salzbad und ein Flussbad und ein Hallenbad

Aram hatte die Idee, ein Auto zumieten für einen Tag – das wäre billiger als ein Taxi, und man könnte alle interessanten Dinge sehen in Urmiya und in der Umgebung.
Aram ist Kurde, bezeichnet Urmiya als kurdische Stadt und spricht mit jedem dritten Satz von den Kurden und der Ungerechtigkeit, sich nicht selbst regieren zu dürfen. Er ist Rechtsanwalt, aber für internationales Handelsrecht. Statt für kurdische Belange als Rechtsanwalt zu kämpfen, was ihm zu gefährlich vorkommt, spekuliert er mit einem Studienaufenthalt in den USA oder mit der Ausreise nach Kanada.
Wir fahren zum Urmiya-See, und Aram ist sehr erstaunt, dass kaum mehr Wasser da ist. Anstatt über eine Brücke fahren wir über einen kilometerlangen breiten Damm. Er mag kein Salzwasser, sagt Aram in abgehackten englischen Sätzen. Als wir dann doch noch eine Brücke und eine zugängliche Wasserfläche finden, steuert er genau dorthin, wo die meisten Leute sind, eine Art Viehtränke für Familien. Einige Kinder und Frauen waten im Wasser, gänzlich bekleidet. Junge Männer tollen umher mit viel Geschrei. Ich steige etwas abseits ins Wasser, um die Leute nicht mit meiner Badehose zu irritieren, und lege das T-Shirt erst auf einer Salzbank ab. Man liegt auf dem Wasser wie eine Luftmatratze, ebenso wie im Toten Meer – schwimmen kann man das nicht nennen. Auf dem Rücken liegend, rudere ich mit den Beinen zwischen den Salzbänken hindurch. Das Wasser hat Badewannentemperatur und die Konsistenz von Spagettiwasser. Als ich zurückkomme, sind meine Sandalen weg – stattdessen liegen zerfetzte Plastiksandalen dort. Zur Entschädigung bekommen wir von einer kurdischen Familie Tee serviert auf einem Kofferraumdeckel, und sehen den Autos zu, die über die Schotterrampe bis ganz zum Salzstrand hinunterfahren, alle vollbesetzt mit iranischen und kurdischen Familien, bis die Reifen im Salzschlamm versinken. Alle Stunden kommt dann ein Traktor und zieht die Autos wieder heraus. Der junge Mann erzählt von Flamingos und Pelikanen, die noch vor wenigen Jahren hier genistet hätten, und von Maßnahmen der Regierung. Das Wasser steige wieder an. Aber der Damm, der die Zirkulation verhindert wird verbreitert zugunsten weiterer Fahrstreifen.

Später fahren wir zu einem klaren Flüsschen, das sich durch ein weidenbewachsenes Tal windet. An einer tieferen Stelle breitet Aram seinen Teppich aus, damit wir uns darauf lagern, inmitten von Plastikmüll und Melonenschalen. Ich bin schnell im kalten Wasser, allein schon deswegen, um das restliche Salz abzuwaschen, und finde Textilien, sogar zerfranste Teppichstücke zwischen den spitzen Flusssteinen. Die Männer tollen brüllend herum, die Chipssackerl hüpfen vor dem Wind her über den Boden und fangen sich schließlich an ins Wasser ragenden Ästen. Die Iraner und Kurden steigen mit ihren Plastiksandalen darüber und setzen sich zu ihrer Grillstelle am Gaskocher oder am offenen Feuer, an dessen Rauch wir alle teilhaben. Aram steigt ein wenig im Wasser herum, hinein geht er auch hier nicht.

Am nächsten Tag sind wir dann doch noch regulär schwimmen. In einem kleinen Hallenbad in Urmiya, weil im großen, das mir Aram stolz zeigen wollte, heute leider Frauentag ist. Nach den schon bekannten Modalitäten: Magnetstick umschnallen/ Schlapfen aus/ Plastikschlapfen an/ Kästchen finden, aufsperren/ umziehen/ mit Plastikschlapfen in die Schwimmhalle durch die Glasschiebetür/ Plastikschlapfen in den Korb/ ins Wasser ist es soweit: Kopfsprung/ knappe Länge durchtauchen/ 10 min Vollgas/ 3-4 Stöße pro Länge.....
Als ich nachher im Kaltwasserbecken ausschnaufe und die Leute besehe, sind zuerst nur 3 oder 4 Männer da. Aber auch als später noch einige kommen, Großväter mit Enkeljungs: da kann kaum einer wirklich schwimmen/ Kraftlackel viele, aber die plantschten nur im Seichten/ Hundepaddeln/ halbe Länge die Jugendlichen
später mit zwei Kurden aus Istanbul in der Sauna/ Lehrerstudent/ Psychologiestudent/ türkische Kurden oder kurdische Türken/ nasilsimiz/ teshekür ederim/ sind wegen einer Hochzeit da/ Brautbruder/ Coussin
ich komme aus China, Singapur/ Aram aus Kenia, Afrika/ Kurden gibt es doch überall!/
kurdische oder iranische Pizza: ein Kuchen mit daraufgestopften Sachen, angeheizt/ die China/Keniageschichte macht uns in der ganzen Straße bekannt/ schon beim Einparken blicken sie durch die Scheibe herein und grinsen uns an/ der Wirt zeigt mit den Fingern an seinen Augen, wie er sich Chinesen vorstellt/ ich zeige ihm meine roten Chloraugen/ im Taxi beeilt sich Aram, als erster auf Kurdisch zu Wort zu kommen

bei der Abreise am Busterminal standen einige Burschen vor den Bussen herum und witzelten/ der mit dem besten Englisch sprach mich an/ ich der Chinese/ er, der Kamelcowboy/ sein Freund wurde zum Elefantenreiter/ Reitergesten in der Luft/ Schulterklopfen/ Gelächter/ alle auf der Plattform um uns geschart/ Telefonnummern ausgetauscht/ herzliche Verabschiedung wie unter alten Freunden nach 15 Minuten/ in Hamadan würden sie mich durch die Stadt führen/ in meiner Schulzeit in Floridsdorf konnte es auch so sein/ generationsübergreifende übermütige Brüderlichkeit/ Kurden unter Kurden


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