Mashhad

Nachdem die Mannschaft die Pruefungen erfolgreich bestanden hatte, war fuer die verbliebenen Tage noch ein Wunsch frei, und die Wahl fiel auf die sagenhafte heilige Stadt im Osten des Iran. Die Schiiten, die Mohammeds Schwiegersohn Ali verehren, der von seinen muslimischen Widersachern ermordet wurde, und die deshalb einen Sinn fuer Maertyrer und Leiden hatten, gedenken hier des achten Imam Reza, der von Kalif Ma'mun im Jahr 809 vergiftet worden war. Er wurde in Sinabad begraben, ueber dem Grab ein Mausoleum errichtet, spaeter ein grosses Heiligtum und eine ganze Stadt - heute ist Mashhad die zweitgroesste Stadt Irans.
Zur Zeit des Abendgebets herrschte eine Spannung vor, und die Waerter gaben acht, dass wir unsere Habseligkeiten, und vor allem die Fotoapparate abgaben und eine Fuehrung bekamen. Ein freundlicher Herr leitete dann die kleine Touristenschar durch den riesigen Pilgerstrom in ein Nebengebaeude, wo uns ein Touristenfilm von der Stadt gezeigt wurde - anschliessend waren wir frei und besichtigten die den Unglaeubigen zugaenglichen Hoefe und Iwane. Die vielen Waerter waren mit den zu Exaltationen neigenden Pilgern ausreichend beschaeftigt. Frauen scheinen hier in der Mehrheit zu sein, ueberall ihre schwarzen Gewaender und ernsten Blicke. Die meisten Betenden kuemmeten sich wenig um gemeinsame Vorgaenge oder um die Worte des Predigers, sondern verrichteten in jedem Hof, auf Teppichen, in Gaengen ihre Gebete, mit dem Kopf die Tonscheibe aus der Erde von Mekka beruehrend, ganz fuer sich, Frauen wie Maenner.
Und in aehnlicher Ergriffenheit von der Schoenheit der Gesaenge und der Rankenmuster auf den Arkadengaengen, der kollosalen Proportionen der Hoefe und der mit Gold ausgelegten Gebetsnischen, der mit Glasspiegeln gleich Mosaiken ausgekleideten Grabbauten und der Goldkuppeln, wurde ich von Menschenstroemen erfasst und bald in diesen Hof und bald durch jenes Tor getrieben, immerhin noch soweit bei Sinnen, da und dort aus einem schattigen Winkel ein Foto zu machen, da auf wundersame Weise zwar der Fotoapparat mit der ganzen Tasche abgegeben wurde, eine Kanera aber in der Hosentasche verblieben war. Und so kam es, dass wir am Hoehepunkt der Reise gaenzlich verschwanden, zunaechst einmal fuereinander, denn im Gewuehl hatten wir uns wieder einmal aus den Augen verloren, aber dann auch aus der Welt des Unglaubens, denn wie mit neuen Augen staunte ich ueber die praechtigen Hoefe und Kuppeln, deren Anblick allein den wahren Glaeubigen vorbehalten ist, die das Paradies und sein Abbild schauen duerfen/


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cw - 2. Sep, 16:26

nicht

Sieht auch auf den Fotos wunderschön aus, aber nicht paradiesisch, eher fremd, unwirklich, unbewohnbar, dicht, voll ungangbarer, verschlungener Wege an der Wand, aber das ist vielleicht die erste Tür, das erste wahrnehmbare (bei weitem noch nicht das schrecklichste) Zeichen für das Nahegekommensein eines Paradieses.

SCHLAGLOCH - 4. Sep, 09:14

Hallo Weichensteller! Ist es die Absicht,

mit diesem Prunk , daß " jenseitige Paradies" schmackhaft zu machen?

Gruss schlagloch.

weichensteller - 11. Sep, 23:21

"Paradies"

ist ein Wort aus dem Altpersischen und bedeutet: ummauerter Garten; das war ein Bereich neben Palast, Moschee und Basar, der teils privat vom Herrscher, teils öffentlich vom Volk genutzt wurde. Im heißen, trockenen Klima Persiens bedeuteten die schattigen, kunstvoll bewässerten Orte wirkliche und notwendige Lebensräume. Das ist auch heute noch so, wie ich an Bildern demonstrieren möchte.
Die Fliesenverzierung der großen Repräsentationsbauten führt das Gartenthema weiter, teils naturalistisch mit Blumenranken, teils abstrahiert und jedenfalls höchst artifiziell.
Davon anderswo noch mehr...
Gedankenbilderbuche - 7. Sep, 14:54

Talismane

Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Okzident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.

Er der einzige Gerechte,
Will für jedermann das Rechte.
Sei von seinen hundert Namen
Dieser hochgelobet! Amen.

aus: Goethe: Westöstlicher Diwan

Beste Grüße!

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