Eine Stunde Hamedan

Vor dem Hotel stehen Minibusse in Zweierreihen, noch davor jetzt ein Lieferwagen, der sich dazudrückt auf Zentimeter, um den großen Bus vorbeizulassen. Auf den wenigen Metern der Shohada bis zum Maydan sehe ich am Gehsteig
auf einem Plastiktuch ausgebreitete stark gekrümmte Gurken
daneben ein Tuch mit frischgrünen Paprika, möglicherweise scharfe
ein Reisebüro in Form eines Geschäfts mit Glasscheiben, einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Telefon, einem Drucker und einer Frau – von ihr bekomme ich das Busticket nach Tehran
eine Bäckerei, wo es die Safrankuchen gibt, die ich zum Frühstück esse
Stände mit Orangen, Feigen, Bananen, Ringlotten, Pfirsichen, Nektarinen
ein Laden mit allen Arten von Nüssen
der Maydan mit Hunderten hektischen Passanten, Taxis, Motorrädern, Privatwagen, die kurz halten, um jemand aus- oder einsteigen zu lassen, während sich bereits ein Uniformträger mit Notizblock nähert
eine Vitrine mit auf Stangen gedrehten gegrillten Hühnchen, deren Bild mich auf dem ganzen Rundgang über die Shoriati, den Khaje Bashid – Boulevard und die Bualistraße zurück begleitet
ein dreijähriger Bub mit Lockenkopf und dunkler Haut auf einem Laken am Gehsteigrand kauernd, offenbar auf die Mutter wartend
lange Teenagerschlangen vor einer Glasscheibe, danach Teenagerschlangen mit Pommes Frites-Tüten
Eisdielen mit Kebabstangen
eine Vitrine mit senkrechten Bratspießen, die sich waagrecht im Kreis drehen
eine am Gehsteig hockende gut gekleidete Frau, die versucht, im aufgeklappten Staubsauger einen papierenen Staubsack zu montieren. Ihr Mann steht gegenüber und bewacht sie. Ich war knapp daran zu helfen, ich habe dasselbe Modell
eine Auslage mit blinkender Neonreklame, hinter der in einem nackten Raum ein Arbeiter mit einer Leiter die Wände streicht
eine Auslage, mit bunten Zwirnrollen drapiert
ein Schaufenster mit Schraubenschlüsseln, nach Farben, Material und Größe geordnet
ein am Gehsteig hockender Mann, neben dem blinkende und rasselnde Plastiktiere im Kreis hüpfen
hängende Schafhälften hinter Glas
weiße, noch tiefgekühlte Hühnerkeulen nebeneinander gesteckt in einer großen glasbedeckten Holzkiste, wie im Beinhaus
ein schmaler unscheinbarer Stiegenaufgang zum Teehaus, wo auf Teppichböden in Stuhlhöhe alte und junge Männer hocken und Tee schlürfen, rauchen, plaudern, Briefe lesen, telefonieren oder aus der Zeit heraus blicken. Gestern habe ich hier gefrühstückt
ein Mann schiebt einen Karren mit aufgetürmten Tomatensteigen die Buali hinauf, mitten durch das dichteste Menschengewühl
in Schlangenlinie winde ich mich durch das Geschiebe, das in allen Richtungen über den Gehsteig wogt
schließlich bin ich wieder am Maydan und suche die Hähnchen. Eigentlich war es eine Eisdiele mit Plastikdesign wie eine McDonaldsfiliale, und ich konnte im hinteren Teil unter der Galerie Platz nehmen. Statt der erhofften Kühlung gab es dort aber stickigen Küchendunst, und lustlos räumten 15jährige Jungs die kleinen Tischchen ab. Pro Tisch gab das mit den Staniolfolien und Plastikbechern und –besteck ein getürmtes Tablett, nach drei Tischen war die Mülltonne voll. Gegenüber nahm ein Mädchen mit kunstvoll gezupften Augenbrauen Platz, das eine Viertelstunde kein einziges Mal den Blick vom Smartphone abwandte und am Strohhalm Cola saugte. Der Junge erschien von unten noch oben hinter dem Ladentisch mit meinem halben Hähnchen, zwei großen Weißbrotwecken, einem Sortiment von in Plastik geschweißten Soßen und Marinaden und je einer aufgeschnittenen Zwiebel, Salzgurke und Tomate. Als er nach meinem Abendessen wieder mit dem Tablett verschwand, von oben nach unten im Aufzugschacht, da waren noch alle Säckchen drauf und auch die Brote, das Plastikbesteck noch eingeschweißt, vom Hähnchen aber nur die Knochen

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