Mittwoch, 2. September 2009

Koenigsstadt Susa

Hinaustretend in die Koenigsstadtm waehnte ich mich zuerst in einer schlafenden Wildweststadt (die uns ja immer zuwenig heiss und staubig vorgefuehrt wird) mit heruntergezogenen Rollbalken und doesenden Cowboys.
Und hier war es, in der Residenz von Darius und Kyros, der Koenige der Koenige, eingeritten koenigsgleich wie auf Pferden, wo sich mir unausloeschlich der Gestank der Kanaele einpraegte, die, hierorts faulig bewaessert, die Gehsteige enthang verliefen und in das Fluesschen muendeten, das erste wasserfuehrende, das ich sah. (Spaeter wuerde ich den Gestank ohne hinzusehen auch in Mashhat sofort wieder erkennen).
Am Gelaende des alten Susa hingegen war wenig zu sehen. Die Franzosen hatten gruendlich aufgeraeumt. Fuer ihre Ausgraeber hatten sie eine wuchtige Ziegelburg aufgerichtet, die fortan auf den Touristenplakaten erscheint, von den Funden aber das meiste ins Pariser Louvre abtransportiert und nur wenige Truemmer zurueckgelassen (da waren sie gruendlicher als die Mongolen). Diese waren im Museum hinter Scheiben aufgebahrt oder ueber die Flaeche des ehemaligen Darius-Palastes verteilt, nichts davon hoeher als einen Meter. Am wohlsten war mir beim Streifzug durch die gegenueber liegenden Sandduenen: da liess sich an Daniels Loewengrube denken - jenes unerschrockenen und angesehenen Propheten, der am Hof Nepukadnezars grosses Ansehen genoss und im Land des Artaxerxes lebte - und auch ein Grab zurueckliess, knapp unterhalb des Koenigspalastes.

In Haft Tepe sind Reste elamitischer Tempel zu sehen - aber in Choqa Zanbil steht der Turm zu Babel! - oder jedenfalls das, was zurueckblieb, nachdem Gott die Sprachen der Menschen verwirrte. Unser Respekt vor dem Zikkurat wurde durch die Hitze, die Stille und Abgeschiedenheit, durch den Scheich, der uns an sicherlich verbotene Orte auf dem Bauwerk hinter der Absperrung, aber auch durch den wartenden Taxifahrer vergroessert: besondere Entdeckungen von der Groesse und Kleinheit des Menschen.

Etwas spaeter wurden wir mit vollem Gepaeck an einer Halde an der Autobahn zwischen Shush und Ahvaz gesehen, anscheinend trotzig auf einen Bus wartend, von dem alle versicherten, er halte hier nicht. Nach der eigenmaechtig festgesetzten Wartestunde sollen wir aufgegeben und in ebendas seit einer Stunde dort wartende Taxi gestiegen sein und den festgesetzten Preis nach Ahvaz gezahlt haben, ohne zu handeln - dafuer aber bis zum Reisebuero gebracht worden sein, wo die naechste (und letzte) Etappe zu planen war. Aber die koenigliche Bestimmung ereilte uns vollends erst am Abend dieses Tages, als ein Freund unbekannter Freunde sich telefonisch meldete und sich und sein Haus als Quartier anbot - und kurz darauf leibhaftig unter uns erschien. Und wirklich thronten wir bald koenigsgleich an einer Festtafel, die uns Shomalis Mutter und Schwestern umsichtig und liebevoll bereitet hatten. Die ganze grosse Familie war angetreten und breitete ihre Fotoalben vor uns aus, zusammen mit den koestlichsten Leckereien, die Shomalis Mutter gebacken hatte/

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Mashhad

Nachdem die Mannschaft die Pruefungen erfolgreich bestanden hatte, war fuer die verbliebenen Tage noch ein Wunsch frei, und die Wahl fiel auf die sagenhafte heilige Stadt im Osten des Iran. Die Schiiten, die Mohammeds Schwiegersohn Ali verehren, der von seinen muslimischen Widersachern ermordet wurde, und die deshalb einen Sinn fuer Maertyrer und Leiden hatten, gedenken hier des achten Imam Reza, der von Kalif Ma'mun im Jahr 809 vergiftet worden war. Er wurde in Sinabad begraben, ueber dem Grab ein Mausoleum errichtet, spaeter ein grosses Heiligtum und eine ganze Stadt - heute ist Mashhad die zweitgroesste Stadt Irans.
Zur Zeit des Abendgebets herrschte eine Spannung vor, und die Waerter gaben acht, dass wir unsere Habseligkeiten, und vor allem die Fotoapparate abgaben und eine Fuehrung bekamen. Ein freundlicher Herr leitete dann die kleine Touristenschar durch den riesigen Pilgerstrom in ein Nebengebaeude, wo uns ein Touristenfilm von der Stadt gezeigt wurde - anschliessend waren wir frei und besichtigten die den Unglaeubigen zugaenglichen Hoefe und Iwane. Die vielen Waerter waren mit den zu Exaltationen neigenden Pilgern ausreichend beschaeftigt. Frauen scheinen hier in der Mehrheit zu sein, ueberall ihre schwarzen Gewaender und ernsten Blicke. Die meisten Betenden kuemmeten sich wenig um gemeinsame Vorgaenge oder um die Worte des Predigers, sondern verrichteten in jedem Hof, auf Teppichen, in Gaengen ihre Gebete, mit dem Kopf die Tonscheibe aus der Erde von Mekka beruehrend, ganz fuer sich, Frauen wie Maenner.
Und in aehnlicher Ergriffenheit von der Schoenheit der Gesaenge und der Rankenmuster auf den Arkadengaengen, der kollosalen Proportionen der Hoefe und der mit Gold ausgelegten Gebetsnischen, der mit Glasspiegeln gleich Mosaiken ausgekleideten Grabbauten und der Goldkuppeln, wurde ich von Menschenstroemen erfasst und bald in diesen Hof und bald durch jenes Tor getrieben, immerhin noch soweit bei Sinnen, da und dort aus einem schattigen Winkel ein Foto zu machen, da auf wundersame Weise zwar der Fotoapparat mit der ganzen Tasche abgegeben wurde, eine Kanera aber in der Hosentasche verblieben war. Und so kam es, dass wir am Hoehepunkt der Reise gaenzlich verschwanden, zunaechst einmal fuereinander, denn im Gewuehl hatten wir uns wieder einmal aus den Augen verloren, aber dann auch aus der Welt des Unglaubens, denn wie mit neuen Augen staunte ich ueber die praechtigen Hoefe und Kuppeln, deren Anblick allein den wahren Glaeubigen vorbehalten ist, die das Paradies und sein Abbild schauen duerfen/


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